25 Jahre Star Wars: Episode I

Auf Heise Online steht seit Freitag ein Artikel über das 25. Jubliäum der ersten Star-Wars-Prequel: Die dumpfe Enttäuschung: 25 Jahre „Star Wars: Episode I“​. Ich hätte bei weitem das Doppelte schreiben können, habe mich aber letztlich darauf konzentriert, wie weit der schlechte Ruf des Films ungerechtfertigt ist.

Es dürfte dem Artikel anzumerken sein, dass ich die Prequels nicht so gelungen finde. Doch eine erhellende Unterhaltung mit einem Freund brachte mich dazu, dem Film noch einmal eine Chance zu geben. Also habe ich mir die aktuelle Blu-ray gekauft und „Episode I“ zum dritten Mal gesehen. Und siehe da …

Jake Lloyd in "Episode I"
Konnte wirklich nichts dafür: Jake Lloyd als junger „Ani“ Skywalker

Schnell fand ich die Quelle der kognitiven Dissonanz: Der Freund ist deutlich jünger als ich. Ich bin hingegen mit der Ur-Trilogie aufgewachsen. Vorsicht, historischer Abriss …

Klein-Geralds erstes Mal „Star Wars“

Der erste Star-Wars-Film, den ich im Kino gesehen habe, war „Das Imperium schlägt zurück“. Als wir das Kino betraten, war der Film unglücklicherweise schon angelaufen.

Während wir nach freie Sitze Ausschau hielten, stieg neben mir, meterhoch, ein höchst bedrohlich aussehender Suchdroide aus dem Schnee hervor. Bei der Erinnerung bekomme ich immer noch eine Gänsehaut. Wir fanden dann Plätze in der dritten oder vierten Reihe, das Bild füllte den Großteil meines Sichtfelds. Das war kein Kinobesuch, das war ein dauerhaft prägendes Erlebnis.

Bild aus "Das Imperium schlägt zurück"
Mein prägendes Star-Wars-Erlebnis: Der Suchdroide aus „Das Imperium schlägt zurück“

Der Freund kannte die Ur-Trilogie hingegen aus dem Fernsehen. Für ihn war „Episode I“ womöglich der erste Star-Wars-Film, den er im Kino gesehen hat. Vermutlich war das Pod-Rennen von „Episode I“ für ihn ein ähnlich prägendes Erlebnis wie seinerzeit für mich die Schlacht um Hoth.

Ich gehöre übrigens zu den Leuten, die nichts gegen die Ewoks haben. Ich finde sie bis heute knuffig und habe an ihrem Sieg gegen die tumben Sturmtruppen nichts auszusetzen. (Die Ewok-Fernsehfilme waren dann aber doch zu viel Geknuddel.)

Der blöde Imperator

Was mir hingegen an der Ur-Trilogie gegen den Strich ging, war der Imperator. Darth Vader fochte seine Duelle mit einem Lichtschwert. Ja, er schummelte mitunter ein bisschen, etwa wenn er Luke die Inneneinrichtung der Wolkenstadt um die Ohren warf. Insgesamt aber sah ich in ihm einen edlen Krieger.

Der Imperator hingegen schoss mit Blitzen, total unsportliches Verhalten. Ein Lichtschwert lässt sich parieren, aber was hilft gegen Blitze aus nächster Nähe? So war ich bei „Episode I“ schnell genervt, als der Imperator wieder auftauchte. Der Schauspieler kann dafür wenig; Ian McDiarmid ist mir zutiefst sympathisch. Die Figur des Imperators finde ich jedoch abstoßend; mit seiner Todesszene war ich seinerzeit sehr zufrieden. Darth Vader fand ich faszinierend böse, der Imperator war hingegen schleimig und widerwärtig.

Bei „Episode I“ wurde mir schnell klar, dass mich das Thema der Prequels nicht interessierte. Schlimmer noch: Zu sehen, dass der furchterregende Darth Vader als kleiner „Ani“ Skywalker seinen Anfang nahm, entzauberte die Figur für mich komplett. Manche Mysterien sollten lieber ungelöst bleiben. So bin ich nie weitergekommen als „Episode I“.

Der künftige Imperator in "Episode I"
Oh nein, nicht der schon wieder: Meine Reaktion auf das Wiedersehen mit dem Imperator.

Auf der dunklen Seite des Fandoms

Im Laufe der Jahrzehnte bin ich wohl schrittweise in Richtung „Giftiger Fan“ geschliddert. Irgendwie hing ich an der Franchise, war aber davon enttäuscht, wie sie sich weiterentwickelte. Das änderte sich 2006, als Lore Sjöberg in einem sehr sarkastischen Artikel voll den Finger in die Wunde steckte:

"Einer der Gründe, warum sich Mittdreißiger so über Lucas' Verbrechen gegen die Kontinuität aufregen, ist der Umstand, dass sie sich eigentlich nach dem Gefühl des Staunens zurücksehnen, der Freude und der Möglichkeiten, die der Film in ihnen seinerzeit geweckt hat, bevor die abstumpfende, erdrückende Welt das alles wieder aus ihnen herausgesaugt hat."

(Original: „One of the reasons thirtysomethings get so pissy about Lucas‘ crimes against continuity is that what they really want is the original sense of wonder, joy and possibility that the movie instilled in them, before a deadening, crushing world sucked it right back out again.“)

Das war’s! Die Prequels waren nicht für zynisch gewordene Mitdreißiger gedacht, sondern für eine neue Generation an Fans. (Das gilt für die Sequels übrigens genauso). Lore Sjöbergs Artikel gab mir den entscheidenden Impuls: Es war völlig okay, sich von Star Wars zu lösen.

Abkehr von der Enttäuschung

Ja, Star Wars war ein prägendes Erlebnis meiner Jugend undsoweiter, aber ist war ja kein Grund, dauernd darüber zu jammern, dass dieser Zeitpunkt hinter mir lag. Lieber erfreue ich mich an meiner Erinnerung an damals — wie gesagt, bei jedem Gedanken an den Suchdroiden läuft mir ein Schauer über den Rücken — als George Lucas & Co. ewig hinterherzulaufen in der Hoffnung, dass er mir diesen Kick noch einmal gibt.

Diese Kurve scheinen einige Leute nicht zu kriegen. Die hoffen nicht nur darauf, dass „Star Wars“ sie noch einmal so verzaubert wie damals, sie fordern das ein. (Als ob das ginge.) Die Inhaber der Star-Wars-Rechte spielen natürlich mit dieser Haltung, und locken bei jedem neuen Film, jedem neuen Produkt: „Guck mich, kauf mich, wir machen Dich wieder glücklich, so wie damals als Kind!“

Das ist natürlich schleimig und widerwärtig gelogen. Selbst der Kauf eines 850 Euro teuren Lego-Modells des „Millennium Falcon“ (kein Witz, ich habe extra nachgeguckt) kann einen verhärteten Star-Wars-Junkie nicht wieder wieder zum glücklichen Kind machen.

Jar Jar Binks in "Episode I"
„Hab‘ Deine Zunge!“ Gelegentlich war die CGI-Figur Jar Jar Binks gut in die Szene integriert.

Die Sequel-Trilogie

Seit diesem kurzen Moment der Klarheit gucke ich „Star Wars“ nur noch, nachdem ich Kritiken gelesen habe. „Episode VII“ war für mich ein unnötiger Aufguss der ersten beiden Filme. Nicht weiter schlimm, kein Grund, auf die Barrikaden zu gehen. „Episode VIII“ fand ich wiederum großartig — endlich wieder ein Star-Wars-Film mit unvorhersehbaren Wendungen!

Dumm nur, dass bei „Episode VIII“ nicht nur das „Toxic Fandom“ übergeschnappt ist, sondern auch aktive Teilnehmer an der ganzen Sache ihre Enttäuschung zum Ausdruck brachten — darunter Mark Hamill, Luke Skywalker persönlich. Ich sah endlich wieder Licht in der Franchise, aber die Scheiße-Schreier waren lauter und setzten sich offenbar durch.

Als ich im Trailer zu „Episode IX“, dem Ende der Sequel-Trilogie, am Ende das fiese Lachen des Imperators hörte, war mir das eine Warnung. Der große Verdienst von Darth Vader war es gewesen, dem Imperator den Garaus zu machen. Das würde ihm jetzt auch noch genommen? Och nööh.

Als die Kritiken beschrieben, wie J.J. Abrams im neunten Teil wesentliche Wendungen des vorangegangenen Films rückgängig machte, bekräftigte das meine Zweifel. So habe ich den bislang letzten Star-Wars-Film einfach ausgelassen und nicht das Gefühl, damit etwas verpasst zu haben.

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Nichts hat mich trauriger gemacht am Artikel zu „Episode I“, dass ich keinen Platz darin fand, um den großartigen Webcomic „Darths & Droids“ zu erwähnen.

„Darths & Droids“ ist eine wunderschöne Erklärung dafür, warum die Handlung von „Die dunkle Bedrohung“ so holpert: In Wirklichkeit ist „Episode I“ ein Rollenspiel mit dem Titel The Phantasmal Malevolence. Dessen Spielleiter (Dungeon Master) hat sich eine konsistente Story ausgedacht, aber die beteiligten Spieler brechen immer wieder aus der vorgesehen Handlung aus und bringen damit alles durcheinander.

Höhepunkt des Ganzen ist die großartige Zeile „Jar Jar, you’re a genius!“ — denn in „Darths & Droids“ ist Jar Jar Binks im Unterschied zur Filmfassung tatsächlich überaus kompetent. Die Erklärung, warum R2-D2 nicht sprechen kann, sondern nur piepst, ist auch inspiriert. Inzwischen ist das Fan-Projekt bei den Sequels angekommen.

Noch mehr Material:

Ewan McGregor in "Episode I"
Typische Reaktion älter gewordener Star-Wars-Fans auf Episode I